Verpachtung: Vergabe kommunaler Landwirtschaftsfläche über das „Hinterzimmer“?

FDP-Ortsverband Edingen-Neckarhausen

Verpachtung: Vergabe kommunaler Landwirtschaftsfläche über das „Hinterzimmer“?

Intransparenz, zu wenig Gewicht auf Bewirtschaftungsweisen und Umweltfolgen, nicht enkeltauglich! In ihrem aktuellen Antrag fordert die Offene Grüne Liste, dass das Verpachten gemeindeeigener Flächen kein Geschäft der laufenden Verwaltung sein dürfe. Grund: Das Verpachten dieser Flächen sei von so hoher kommunalpolitischer Bedeutung, dass maßgebliche Entscheidungen dem Gemeinderat vorbehalten sein müssten. Die aktuelle Vergabepraxis, so wissen die Autoren BJ und RS des OGL-Berichtes im Mitteilungsblatt , erfolge im „Hinterzimmer.“ Im Hinterzimmer? Die Bedeutung des Begriffs steht u.a. für: Geheime Absprachen, Vetterleswirtschaft, etc. Die Vergabepraxis hat BM Michler persönlich bei der letzten NABU Veranstaltung anschaulich erklärt. Die Verwaltung vergibt Flächen auf Basis sozialer, ökonomischer und ökologischer Kriterien. Berücksichtigt wird z.B. die gesicherte Hofnachfolge, ob es sich um Junglandwirte handelt, wieviel Fläche ein Betrieb bereits bewirtschaftet, auch aktuelle Themen, wie der Flächenverbrauch beim Neubau der Neckarbrücke L597 wird berücksichtigt. Um für die Zukunft sicher aufgestellt zu sein, ist der zu bewirtschaftende Boden und demnach auch der zu pachtende für Landwirte existenziell. Nach Rücksprache mit Fachbehörden, z.B. dem Amt für Landwirtschaft und Naturschutz, kann am Ende nur ein Bewerber eine bestimmte Fläche pachten. Maßgebend hierbei: Der Pächter bewirtschaftet die Pachtfläche ordnungsgemäß und trägt Sorge, Umwelt und Grundwasser nicht zu gefährden. Landwirte müssen sich an die Vorgaben der Düngeverordnung und an die EU-Förderrichtlinien halten. Der strategische Fokus kommunale landwirtschaftliche Flächen als solche in unserer Gemeinde zu erhalten, birgt großes Potenzial regionaler Identifikation und Wertschöpfung. Es geht um etwa 10 ortsansässige Landwirte. Die kommunale Pachtfläche ist überschaubar und liegt bei rund 40 ha. In Edingen-Neckarhausen ist Landwirtschaft vielfältig. Alle landwirtschaftlichen Produkte werden direkt vor Ort oder mit Partnern in der Region vermarktet. Landwirtschaft fördert hier Arbeitsplätze und Regionalwirtschaft. Kurze Transportwege der landwirtschaftlichen Produkte vermindern ein Belasten der Umwelt und garantieren hohen Frischegrad der Produkte. Direktvermarkter vor Ort erfreuen sich höchster Beliebtheit. Das beste Gütesiegel für Produkte. Regional produziert muss nicht schlechter sein als Bio. Unsere ländlichen Betriebe sind zudem wahre „Innovationsmotoren“, sie reagieren schnell auf individuelle Bedürfnisse. Das Weiterentwickeln einer Landwirtschaft 2030 ist ein dynamischer Prozess. Mit integriertem Landbau, Blühpatenschaften, mobilen Hühnerställen und gemeinschaftlichem Gemüseanbau sind weitere wichtige Maßnahmen auf den Weg gebracht, um Landwirtschaft und Umweltschutz langfristig Hand in Hand zu gestalten. Nun fordert die OGL, dass zukünftige Pächter kommunaler landwirtschaftlicher Nutzflächen auf Grundlage eines Auswahlverfahrens zu ermitteln seien. Ziel des Verfahrens ist eine transparente Vergabepraxis zu schaffen, ökonomische Belange zu berücksichtigen, agrar-strukturelle Verbesserungen zu erwirken, sowie gesellschaftlichen und ökologischen Erfordernissen an gemeindeeigenen Flächen zu entsprechen. Transparenz und ein Weiterentwickeln kommunaler Aufgabenstellungen ist ein Muss. Ein Mustervertrag mit Kriterien sei laut OGL erarbeitet worden. Beispiele solcher Musterverträge und ihr Antrag liegen bereits bei „Grüne und Alternative in Räten von Baden-Württemberg“ (GAR) https://www.gar-bw.de/naturschutz-in-kommunalen-pachtvertraegen/. Die landwirtschaftlichen Betriebe in Edingen-Neckarhausen erfüllen diese Kriterien zu weiten Teilen nicht. Wer Landwirtschaft versteht, weiß, dass die Pachtflächenvergabe an nur biozertifizierte Betriebe unsere Landwirte finanziell ruiniert. Die Existenz der kleinbäuerlichen Familien wäre zerstört. Biozertifizierung ist ein enormer kostenintensiver und bürokratischer Aufwand. Man benötigt ausreichend Fläche und mehr Personal. Wer Landwirtschaft versteht, weiß, dass die Vorgabe des Bundes “20 Prozent Ökolandbau bis zum Jahr 2030”, zu erreichen, eben nicht unreflektiert auf jeden bäuerlichen Betrieb übertragen werden kann. Die große Unbekannte ist zudem der Verbraucher: Wird er mehr für Bioprodukte zahlen? Als Liberale wissen wir, in Veränderungsprozessen lässt sich „Neues Denken“ nicht ideologisch verordnen und schon gar nicht erzwingen. Hierzu benötigen wir eine konstruktive und kooperative Kultur des gegenseitigen Verständnisses. Bevor der OGL-Antrag geprüft wird, fordern wir einen „Runden Tisch“, um zusammen mit dem Sachverstand der betroffenen Landwirten im Dialog zu arbeiten. Wir brauchen keinen Aktionismus, der Landwirtschaft blind zerstört. Wer Landwirtschaft versteht, weiß zudem, dass unsere Landwirte jahreszeitlich bedingt Tag und Nacht für unsere Ernährung im Einsatz sind und keine Zeit haben sich jetzt mit Anträgen zu beschäftigen, die ihre Existenz bedrohen. In Gesprächen während der „Liberalen Runde“ und der NABU-Veranstaltung zum Thema Landwirtschaft wollte die OGL Vermarktungsideen für Ökolandbau in Edingen-Neckarhausen vorlegen. Bis heute Fehlanzeige. Hier ist offensichtlich Kompetenz und Verlässlichkeit gefragt. Wir Liberale fordern für Ökolandbau vor Ort Abnahmegarantien z.B. durch ortsansässige Märkte, gemeindeeigene Kantinen, Seniorenheime, Essen auf Rädern, feste Markttage. Eines muss hierbei ganz klar sein: Ohne Produktivität gibt es keinen Ökolandbau. Und noch eine Bemerkung zum Thema Wirkung von Sprache im politischen Raum: In dem vom Robert Habeck veröffentlichten Buch,“ Wer wir sein könnten“, steht in Kapitel 3, „wie in der Politik etwas gesagt wird, entscheidet, was in der Politik gedacht und was gemacht wird. Meine Buchempfehlung an die Autoren, die mit Sprache (Hinterzimmer, Todeszone…) ohne Not Emotionen schüren und damit einen entscheidenden Beitrag zur Politikverdrossenheit beitragen (SBD).