“Unser Mann im Fernen Osten“: Erfahrungen zum Leben und Arbeiten in Zeiten von Corona in Japan

Tokio

FDP-Ortsverband Edingen-Neckarhausen

Unser Mann im Fernen Osten“: Erfahrungen zum Leben und Arbeiten in Zeiten von Corona in Japan. Ein Bericht von unserem Neumitglied Marcel Frommelt.

Über drei Jahre bin ich nun schon Mitglied der FDP. Zunächst in Stuttgart, wo ich Luft- und Raumfahrttechnik studiert habe und seit diesem Jahr nun „formal“ in Edingen-Neckarhausen. „Formal“ deswegen, weil ich eigentlich im Ausland – konkret: Japan – lebe und arbeite. Nach einem Auslandssemester an der Universität Tokio, bin ich seit Anfang 2019 nun bei der „Mitsubishi Aircraft Corporation“ in Nagoya als Simulationsingenieur tätig. Das Coronavirus hat – wie überall auf der Welt – in den letzten Wochen und Monaten auch hier in Japan einiges verändert. Kam bereits Mitte Februar mit der Situation auf dem Kreuzfahrtschiff „Diamond Princess“ im Hafen von Yokohama das erste Aufschrecken, betrachtete man es aber wohl noch als isolierten Cluster und so wurden zunächst keine weiteren nationalen Maßnahmen getroffen. Dass es hier auch darum ging unter keinen Umständen die Olympischen Spiele in Tokio zu gefährden, spielt wohl auch eine Rolle. Deren Verschiebung war letztendlich aber unausweichlich und m. E. die einzig richtige Entscheidung. Der Anstieg der offiziellen Fallzahlen kurz drauf, führte zum Ausruf des zunächst auf Tokio beschränkten und später national ausgeweiteten Notstandes. Einen echten „Lockdown“ wie in vielen anderen Ländern bedeutet das nicht, es sind jedoch ein Großteil der Geschäfte (freiwillig) geschlossen, Restaurants haben verkürzte Öffnungszeiten und man ersucht die Bevölkerung, so gut es geht zuhause zu bleiben. Verfassungsrechtlich ist es nicht möglich Ausgangssperren zu verhängen oder Leute zu bestrafen, die sich widersetzen. Selbstverständlich ist aber der Zug- und Flugverkehr stark eingeschränkt. Die Japaner nehmen die Situation ernst und halten sich zum Großteil an die Vorgaben, agieren aber vergleichsweise entspannt. Katastrophen und Krisensituationen ist man hierzulande ja einigermaßen gewohnt. Viele Firmen, auch meine, sind inzwischen dazu übergegangen soweit möglich die Arbeit von zuhause aus zu ermöglichen. In Japan, wo das Thema (Präsenz-)Arbeit einen hohen Stellenwert hat, stellt dies einen großen Schritt dar. Auch werden nun die Sekundärfolgen der ganzen Lage immer deutlicher, insbesondere die wirtschaftlichen Auswirkungen – gerade im Dienstleistungssektor. Zentral vom Kabinett unter Premierminister Abe beschlossene Gegenmaßnahmen sind unter anderem der Versand von zwei Mund-Nase-Masken pro Haushalt und ein einmaliges „Helikoptergeld“ in Höhe von 100,000 Yen (ca. 850 Euro). Letzteres soll im Juni an jeden Einwohner Japans (auch Ausländer) überwiesen werden um die finanziellen Folgen etwas abzumildern sowie die Wirtschaft zu stimulieren. Es bleibt abzuwarten ob und wenn ja wie sehr dies helfen wird, insbesondere aber ob die Lage durchgestanden ist, oder noch die Gefahr einer zweiten Welle droht. Die potenzielle Gefahr einer Überlastung des Gesundheitssystems ist nämlich nicht von der Hand zu weisen – insbesondere angesichts der Altersstruktur der japanischen Bevölkerung. In Japan leben rund 127 Mio Menschen. Bei 244.452 durchgeführten Tests sind aktuell  landesweit 16.285 Covid-19 Fälle gemeldet. Davon haben sich 11.415 von der Krankheit erholt. Gestorben sind 744 Menschen. Der Großraum Tokio bleibt mit 5000 Fällen der Hotspot. Die Zahl der Neuansteckungen ist seit 2 Wochen konstant tief. Der ausgerufene Notstand ist bis auf drei Präfekturen aufgehoben. (MF)