FDP-Ortsverband Edingen-Neckarhausen
Der Bildungsföderalismus in Zeiten von Corona
Ein gutes halbes Jahr ist es her seit der Youtuber Rezo mit seinem Video „Die Zerstörung der CDU“ für mediales Aufsehen sorgte. Kürzlich erschien eine weitere politisch motivierte Stellungnahme unter dem Titel „Wie Politiker momentan auf Schüler scheißen…“ auf seinem Youtube-Channel Rezo ja lol ey. Kurz zusammengefasst, kommentiert Rezo darin das aktuelle Vorgehen der Kultusministerien. Dabei kritisiert er vor allem das, aus seiner Sicht, verfrühte Öffnen der Schulen sowie das Vorhaben der Landesregierungen die Abiturprüfungen zu schreiben, anstatt ein Durchschnittsabitur zu genehmigen, scharf. Obgleich seiner teils rohen Ausdrucksweise, hat er einmal wieder den Nerv der Zeit getroffen und das ausgesprochen, was vielen Schüler*innen auf der Zunge liegt. In diesem Zusammenhang sollten wir uns zusätzlich überlegen, ob der Bildungsföderalismus mit dem Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern noch zeitgemäß und sinnvoll ist. Die Abschlüsse und Schulleistungen in den Ländern haben den Anspruch vergleichbar und chancengleich zu sein. Wie schwer es ist diesen Anspruch zu erfülle hat uns jetzt die Coronakrise aufgezeigt. Die Entwicklung, welche die Coronakrise nahm, war lange absehbar, trotzdem dauerte es bis zum 25. März bis sich die Kultusministerkonferenz darauf einigte, die Abiturprüfungen stattfinden zu lassen. Allein, aufgrund des psychischen Drucks, der dieser Tage auf den Schüler*innen lastet, wird dieses Abitur nicht mehr vergleichbar sein. Nun ist dies auch keine Frage, die sich uns erst sein Corona stellt. Im Angesicht der NC-Hürden mancher Studiengänge sollten die Abiturnoten vergleichbar sein. Allerdings wird dies durch die unterschiedlichen Curricula und Prüfungsordnungen der Bundesländer unmöglich. So hatten 2018 24% der Abiturient*innen unseres Bundeslands eine „1“ vor dem Komma stehen. Dem gegenüber stehen 38% in Thüringen und 17% in Schleswig-Holstein (Umfrage der rheinischen Post). Diese Zahlen lassen zwei Interpretationen, zu entweder die thüringer Schüler*innen sind schlicht „intelligenter“ als ihre Gefährten aus dem Norden oder die Werte spiegeln die Unterschiede in den Anforderungen der Lehrpläne beider Länder wider. Mit welcher Note das Abitur abgeschlossen wird, hängt somit mehr vom Wohnort, als von den individuellen Leistungen ab. Um eine Vergleichbarkeit der Abiturnoten zu gewährleisten, sollten die Kultusministerien gemeinsam einheitliche Maßstäbe schaffen. Den Maßstäben muss dabei ein angemessenes Qualitätsniveau unter Berücksichtigung der internationalen Standards zu Grunde liegen. Zusätzlich benötigen wir, das zeigt uns die momentane Lage drastisch, ein Kooperationsgebot zwischen Bund und Ländern, damit in Krisenzeiten einheitlich und schnell reagiert werden kann. Bereits im September 2018 gab es Bestrebungen der Bundestagsfraktionen von FDP und Grünen den Bildungsföderalismus zu reformieren. Es bleibt zu hoffen, dass diese Debatte mit Rückblick auf Corona neu aufgerollt wird. (MR)